„Die österreichische Staatsbürgerschaft (Abkürzung: Sta) ist ein Privileg und hohes Gut und kein Ramschartikel. Leider ist der Bund mit der längst fälligen Gesetzesnovelle säumig, vor allem in Anbetracht der Zuwanderungswelle seit 2015“, stellte Sicherheits-Landesrat Christoph Luisser im Rahmen einer Pressekonferenz mit Völker- und Verfassungsrechts-Spezialist Prof. Dr. Michael Geistlinger am Dienstag klar.
„Die Länder müssen die Bundesvorgaben vollziehen, das heißt, selbst wenn dem Land die vom Bund vorgesetzte Suppe nicht schmeckt“, erinnerte Luisser. Daher wären folgende Änderungen im Staatsbürgerschaftsrecht nötig:
-) Keine Sta bei bestimmten schweren Vorsatzdelikten
wie Mord, Vergewaltigung, Terrordelikte. „Tilgungsfristen sind dabei nicht relevant“, so Luisser.
-) Bei einer rechtskräftigen Verurteilung eines Vorsatzdeliktes zu einer unbedingten Haftstrafe soll bei bestimmten Strafhöhen die Wartezeit erheblich verlängert werden
Landesrat Luisser präsentierte dabei zwei Fälle aus NÖ: Ein Kosovare, der im Jahr 2002 zu einer 4,5-jährigen Gefängnisstrafe in der Schweiz wegen Beihilfe zum Mord verurteilt worden war, suchte nach Tilgung der Strafe um die österreichische Sta an und bekam diese, trotz Rechtsmittel des Landes NÖ. Ein acht Mal rechtskräftig gerichtlich verurteilter Türke, der sogar Sozialhilfe erhalten hatte, suchte 3 Monate nach Tilgung der Vorstrafen um die Sta an: Der Mann samt Familie wurde – trotz Rechtsmittel seitens des Landes NÖ – eingebürgert. „Wollen wir Serien-Gewalttäter und Beitragstäter zum Mord wirklich mit der österreichischen Sta belohnen? Wir lehnen das ab“, stellte Christoph Luisser klar.
-) keine Sta für Asylwerber oder zumindest eine empfindliche Anhebung der Wartefrist
„Wie verträgt sich Asyl und Staatsbürgerschaft? Das sind zwei Paar Schuhe. Asyl ist Schutz auf Zeit, die Sta ist indes das unbefristete Vollrecht und hat mit Asyl nichts zu tun. Deshalb wäre es konsequent, dieses unbefristete Privileg ersatzlos zu streichen oder zumindest die Wartezeit für Asylanten wesentlich zu verlängern“, so Luisser. Es sei übrigens ein Verdienst der FPÖ, dass die Wartezeit im Jahr 2018 bereits von sechs auf zehn Jahre verlängert worden war – sonst gäbe es die Staatsbürgerschaftswelle mit den 2015er-Flüchtlingen schon seit dem Jahr 2021.
-) Privilegierte Verleihung nach 6 Jahren nur noch in absoluten Ausnahmefällen
Und zwar nur noch für Angehörige von Österreichern! „6 Jahre sind zu kurz, um sich ein verlässliches Gesamtbild zu machen. Der bloße Erwerb der Sprachkenntnis B2 kann nichts aussagen – Papier ist bekanntlich geduldig“, so Luisser.
-) Vermeidung von Doppelstaatsbürgerschaften
Legt ein Flüchtling die bisherige Sta nicht zurück, dann gibt es keinen österreichischen Pass.
-) Neuregelung der Einkünfte
„Ein wesentlicher Punkt. Es sollen nur mehr bestimmte Erwerbstätigkeiten gelten, also das, was der Antragsteller aktiv an Einkommen eingebracht hat“, so Luisser. Weiters müsse der Beobachtungszeitraum geändert werden. „Nicht die besten 36 Monate der letzten 72 Monate sollten gelten, sondern zumindest die letzten fünf vollständigen Jahre. Und in den letzten zehn Jahren vor der Verleihung darf keine Sozialhilfe bezogen worden sein. Wir sollen keine Sozialschmarotzer einbürgern, sondern Nettozahler“, hielt Luisser fest und legte einen konkreten Fall dar, in dem eine Familie 83 Prozent des Nachweises ausschließlich aus Familienbeihilfe plus AMS-Leistungen erbracht hatte.
-) Anhebung der erforderlichen Deutschkenntnisse
„Wir wollen mindestens eine B2-Prüfung. Um Betrug zu verhindern, muss die Sprachprüfung beim Österreichischen Integrationsfonds abgelegt werden“, führte Luisser aus.
-) Nachschärfung des Extremismus- und Terrorversagungsgrundes
Es soll kein Naheverhältnis zu einer Terrorgruppe mehr nötig sein, sondern der begründete Verdacht reichen. „Wir können als Staat Österreich schließlich mehr verlieren als gewinnen“, erklärte Luisser.
-) Verleihungsgebühren müssen angehoben werden
-) Aussetzung des Asylprivilegs nach § 11a Abs. 7. als Sofortmaßnahme
(Anm. zu Asylprivileg: Einem Fremden ist nach einem rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von mindestens zehn Jahren im Bundesgebiet unter bestimmten Voraussetzungen die Sta zu verleihen): „Diese Maßnahme wäre – im Unterschied zum EU-rechtswidrigen und zahnlosen Beschluss des Ministerrats über den Stopp des Familiennachzuges nach Österreich – EU-rechtskonform und durch Initiativantrag sofort umsetzbar“, erklärte Luisser.
Verfassungs- und Völkerrechtsexperte Prof. Dr. Michael Geistlinger untermauerte Luissers Ausführungen: „Das Land NÖ ist in doppelter Hinsicht vom Bund an die Leine genommen. Es muss akzeptieren, dass alle österreichischen Staatsbürger, die in NÖ den Hauptwohnsitz haben, nö. Landesbürger sind, egal ob diese bestimmte von NÖ formulierte Kriterien betreffend Integration oder Sprache erfüllen oder nicht. Zudem muss das Land NÖ das Staatsbürgerschaftsgesetz anwenden, das der Bundesgesetzgeber beschlossen hat, der Bund zieht sich aus der Verantwortung. Der Bund schafft die gesetzliche Grundlage, kontrolliert ihre Anwendung und schreitet gerichtlich ein, ist er mit der Anwendung nicht einverstanden.“
Die von Luisser geschilderten Fälle würden das Dilemma aufzeigen, Luisser führe mehr als gute Gründe an, warum das Staatsbürgerschaftsgesetz vom Bund dringend geändert werden müsse. „Wer für eine Liberalisierung des Staatsbürgerschaftsrechts eintritt, tut dies nicht, weil dies völker- oder europarechtlich vorgegeben wäre, sondern primär aus wahltaktischen Gründen. Der fortschreitende Mangel an Zuspruch durch Österreicher bei Wahlen soll ausgeglichen werden. Wien und die jüngste Wahl sind beste Beispiele dafür“, so Prof. Geistlinger weiter.
Das Staatsbürgerschaftsrecht sei eines der wenigen Rechtsbereiche, in denen es nur wenige völker- und europarechtliche Vorgaben gibt. Es sei auch nicht richtig, dass die Genfer Flüchtlingskonvention Österreich oder der EU irgendwelche Vorgaben zum Staatsbürgerschaftsrecht mache. Zudem sei die Flüchtlingseigenschaft abzuerkennen, wenn durch Änderung der Umstände im Herkunftsland die Fluchtgründe wegfallen. Denn: Nach den Vereinten Nationen müsse die Änderung erheblich und nicht nur vorübergehend sein. „Versetzen Sie sich bitte einmal in die Lage von Syrien. Wie soll Syrien einen Wiederaufbau schaffen, wenn die bestqualifizierten Bürger sich bleibend im Ausland niederlassen? Syrien hat ein Recht darauf, sind die Fluchtgründe mal weg, dass die geflohenen Syrer wieder nach Syrien zurückkehren“, führte Prof. Geistlinger aus.
Luisser wolle Probleme an der Wurzel lösen und nicht bloß Kosmetik betreiben: „Luissers Vorschlag reagiert auf die steigenden Zahlen von Einbürgerungen Drittstaatenangehöriger und auf den hohen Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung, die zu den allseits bekannten Problemen führen: mangelnde Deutschkenntnisse in Schulen, Qualitätsverlust der österreichischen Schulbildung, Benachteiligung heimischer Schüler, Gewalt und Überforderung der Lehrer“, so Geistlinger. „Luissers Vorschlag bekämpft den Pulleffekt für immer mehr illegale Migration und stellt eine Weiche hin zur Förderung österreichischer Familien und legaler Migration“, stellte Prof. Geistlinger klar.
Die Aufforderung könne in Einklang mit den wenigen Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes zum Staatsbürgerschaftsrecht umgesetzt werden. Für vulnerable Bevölkerungsgruppen würden sicherlich Ausnahmen etabliert. Die Reduktion der Fälle von privilegierter Verleihung nach 6 Jahren könne sachlich gerechtfertigt werden, die Neuregelung der Einkünfte und die Anhebung der Deutschkenntnisse sowie die Nachschärfung des Terrorversagungsgrundes unterlägen vollständiger Regelungsfreiheit. „Die Forderung nach sofortiger Aussetzung des Asylprivilegs ist im Hinblick auf Syrien oder Afghanistan mehr als gerechtfertigt und untermauert, dass absolute Eile hinsichtlich der von LR Luisser eingemahnten Reform geboten ist“, schloss Prof. Geistlinger und wies auf die sechsstellige Asylwerber-Anzahl, darunter viele Syrer und Afghanen, ab der Jahre 2015 und 2016 hin.