Stadtrat Dr. Josef Pitschko, Vorsitzender des Rechtsausschusses des Klosterneuburger Gemeinderates legt der Beurteilung der Frage, ob eine Schildkrötenzucht ein landwirtschaftlicher Betrieb sein könne, die Absicht des Gesetzgebers und des Verordnungsgebers zugrunde: „Der Klosterneuburger Gemeinderat hat als Verordnungsgeber des Flächenwidmungsplanes mit der Widmung Grünland/Landwirtschaft beabsichtigt, ausreichend Flächen für bäuerliche Betriebe zur Versorgung der Bevölkerung mit landwirtschaftlichen Produkten vorrätig zu halten. In den mehr als 20 Jahren, die ich dem Gemeinderat angehöre, war es nie die erklärte Absicht des Gemeinderates, landwirtschaftliche Flächen zur Errichtung von Zuchtbetrieben für Schildkröten und Papageien oder Flamingofarmen bereit zu stellen; zumindest kenne ich keinen Motivenbericht in dem dieses Ziel genannt worden ist."
STR Dr. Pitschko teilte daher auch nicht die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde, dass bei Beantwortung der Kernfrage, ob eine Schildkrötenzucht als landwirtschaftliche Zuchttierhaltung angesehen werden könne eine weite Auslegung erfolgen müsse und man bei der Gesetzesinterpretation durchaus von einer historisch bedingten heute nicht mehr zeitgemäßen Sichtweise Abstand nehmen müsse, weil sich die Möglichkeiten und vor allem die Ziele der Tierzucht in allgemeinem Sinn im Laufe der Jahrzehnte geändert und auch regional verschoben hätten und der Begriff Landwirtschaft heute auch weiter gesehen würde als vor etwa 100 Jahren. Die Aufsichtsbehörde kam zum Schluss, „dass es sich jedenfalls um eine auch vertretbare Rechtsmeinung handelt, wenn man die Rechtsansicht vertritt, dass Schildkröten heute auch beim Vorhaben einer gewinnerzielenden Nachzucht als landwirtschaftliche Nutztiere angesehen werden können." Nach Ansicht von STR Dr. Pitschko interpretiert die Wortwahl der Aufsichtsbehörde, dass bei weiter Auslegung des Begriffes Landwirtschaft die Einstufung von Schildkröten als landwirtschaftliche Nutztiere eine „auch vertretbare Rechtsmeinung" sei. Daraus folge laut STR Dr. Josef Pitschko, dass seine Rechtsmeinung, Schildkröten sind keine landwirtschaftlichen Nutztiere, eine zumindest ebenfalls „auch vertretbare Rechtsmeinung", wenn nicht sogar die zutreffende sei. Es komme daher bei der Beurteilung eines Bauvorhabens im Bereich Grünland/Landwirtschaft auch auf die Motive des Gemeinderates als Verordnungsgeber des Flächenwidmungsplanes an.
Nach Ansicht von STR Dr. Josef Pitschko wäre daher das Bauvorhaben für die Schildkrötenzucht mangels Deckung im Motivenbericht des Klosterneuburger Gemeinderates zum Flächenwidmungsplan abzulehnen gewesen. Eine dagegen eingebrachte Berufung wäre von Kommunalpolitikern als Berufungsbehörde zu erledigen gewesen. STR Dr. Josef Pitschko: „Im Hinblick auf die strenge Judikatur bei Bauvorhaben im Bereich Grünland/Landwirtschaft hätte ich im gegenständlichen Fall eine höchstgerichtliche Entscheidung begrüßt."